CARTE BLANCHE
In Kooperation mit der Streaming-Plattform filmfriend.de, präsentieren wir in der Reihe Carte Blanche ein kuratiertes Filmprogramm. Dazu laden wir Regisseur*innen, Kino- oder Festivalmacher*innen sowie weitere kulturelle Akteur*innen ein, jeweils acht Filme aus dem Angebot der Online-Plattform auszusuchen. Die Auswahl ist den eingeladenen Gästen ohne inhaltliche Vorgaben überlassen.
Filmfriend ist die Film-Streaming-Plattform (Video-on-Demand-Angebot) der deutschen Bibliotheken und Büchereien. Der Log-in erfolgt über die Webseite von filmfriend.de. Die Nutzer*innen melden sich mit der Ausweisnummer ihres Büchereiausweises und ihrem Passwort an. Das Angebot ist kostenfrei und wird auch jenseits von Corona weitergeführt.
kuratiert von Alexander Scholz
Alexander Scholz ist Redakteur, Autor, manchmal Dozent u. a. bei Schnitt-Filmmagazin, Internationale Kurzfilmtage Oberhausen, Diagonale in Graz und ifs köln. Bei der Duisburger Filmwoche seit 2013 zunächst Protokollant, Pressereferent, Herausgeber von „AusSichten. Öffentliches Reden über Dokumentarfilm“ (2017, mit Werner Ružička), Redakteur des Archivs der Filmgesprächsprotokolle protokult.de, seit 2021 Festivalleiter. Seine literaturwissenschaftliche Dissertation „Lesemodi schriftlicher Äußerlichkeit“ erschien im März 2024 im Aisthesis Verlag.
Von wegen „Schicksal“
DE 1979 | 122 Min. | R: Helga Reidemeister
Irene Rakowitz, 48, Mutter von vier Kindern, lässt sich nach 20 Ehejahren von ihrem Mann Richard scheiden, um ihr eigenes Leben zu führen. Im Jahr 1979 lebt sie mit den jüngsten Kindern, der 14-jährigen Astrid und dem achtjährigen Konstantin, in einem Hochhaus im Berliner Märkischen Viertel. Richard wohnt noch im gleichen Haus, nur fünf Stockwerke tiefer. Einst Schichtarbeiter im rheinischen Bergbau, ist er zum Zeitpunkt der Dreharbeiten invalidisiert. Während Irene sich bemüht, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, glaubt Richard an „Schicksal“.
Der Film zeigt Irenes Kampf um ein selbstbestimmtes Leben, ihre Sorge um die Zukunft der Familie und ihre Auseinandersetzung mit den Kindern. Zwei Töchter, Susanne und Carmen, sind bereits ausgezogen. In Gesprächen mit der Filmemacherin kritisieren sie die Mutter auf radikale, teils sogar hasserfüllte Weise.
Gestützt auf diese unterschiedlichen Perspektiven erzählt Helga Reidemeister eine vielschichtige Familien- und Emanziaptionsgeschichte von großer Dramatik – in der schließlich Hoffnung aufkeimt, dass Irenes Sehnsucht nach einem erfüllten Leben vielleicht doch kein Traum bleibt.
Leben in Wittstock
DE 1984 | 82 Min. | R: Volker Koepp
Wittstock/Dosse, Brandenburg – „märkische Streusandbüchse“. 1974, ein Lichtblick: Vor den Mauern der Kleinstadt eröffnet ein Textilbetrieb. Hier arbeiten 10 Jahre später Elsbeth, Edith und Renate. Sie stehen am Band, hantieren mit Maschinen, nähen, falten, prüfen – streiten und verbessern. Zur Abwechslung: Versammlungen, ab und zu Brigadefeier, Disko und Kino. Das 20. Jahrhundert sei hier langsamer angekommen als anderswo. Und auch die jungen Frauen halten – zwischen sozialistischen Idealen und tristem Alltag – ihre Wünsche im Zaum. Im fünften Teil der Langzeitdokumentation über das Leben und Arbeiten in Wittstock fasst Volker Koepp sein Material zu einem abendfüllenden Film zusammen. Die Musik von Rainer Böhm findet eine beredte Sprache für die inneren Widersprüche der jungen Frauen.
Winter adé
DE 1989 | 112 Min. | R: Helke Misselwitz
Kurz vor dem Zusammenbruch der DDR reist Helke Misselwitz mit dem Zug durch das Land, um ostdeutsche Frauen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft zu interviewen. In diesem dokumentarischen Meisterwerk offenbaren Frauen ihre persönlichen und beruflichen Frustrationen, Hoffnungen und Bestrebungen – und malen dabei ein Porträt einer sich verändernden Gesellschaft. Die Landschaft und die Architektur der DDR, die Thomas Plenert in Schwarzweiß auf 35 mm gedreht hat, bilden den Hintergrund für die Geschichten.
The Rider
USA 2018 | 104 Min. | R: Chloé Zhao mit Brady Jandreau
Tim JandreauNach einem beinahe tödlichen Rodeo-Unfall muss sich der junge Cowboy Brady Blackburn mit der Tatsache abfinden, dass er nie wieder reiten kann. Er stürzt in eine existenzielle Identitätskrise: Immerhin definiert ihn nicht nur seine Umwelt, sondern vor allem auch er selbst als Sioux-Nachkomme sich vornehmlich über seine Arbeit mit Pferden. Schwer wiegen der abschätzige Blick seines Vaters, der Abschied von seinen enttäuschten Fans und das Fehlen des einzigartigen Gefühls der Freiheit, das ihn auf dem Rücken eines Pferdes durchströmt.
Marseille
DE 2004 | 91 Min. | R: Angela Schanelec mit Maren Eggert
Emily AtefDie junge Fotografin Sophie tauscht ihre Wohnung mit einer Studentin in Marseille. Es ist Februar, Marseille wirkt unter der harten Sonne schroff und unzugänglich. Sophie ist allein und fotografiert. In einer Autowerkstatt fragt sie den jungen Mechaniker Pierre, ob er ihr einen Wagen besorgen kann. Je mehr sie sich der Stadt überlässt, desto unmöglicher erscheint ihr ihr bisheriges Leben…
Night Moves
USA 2014 | 108 Min. | R: Kelly Reichardt mit Jesse Eisenberg
Dakota FanningAlfred und Lisa – er Automechaniker, sie Krankenschwester – leben in einer winzigen Altbauwohnung in Berlin, Prenzlauer Berg. Nach zweijähriger Ehe scheinen sie sich nichts mehr zu sagen zu haben. Das Scheidungsverfahren ist eingeleitet. Alfred nimmt ein paar Tage Urlaub, lebt ziellos in den Tag hinein und ist doch auf der Suche nach etwas Außergewöhnlichem. Lisa versteht Alfreds Scheidungsbegehren nicht so ganz, kämpft aber nicht um den Erhalt der Ehe. Alfred wird auch der Urlaub zu eintönig, so dass er lieber unentgeltlich in seiner Autowerkstatt arbeiten möchte als sich zu langweilen. Dort macht ihm der Kaderleiter moralische Vorwürfe wegen seiner gescheiterten Ehe. Der Film lässt offen, ob Alfred und Lisa wieder zueinander finden.
Der einzige Spielfilm Böttchers wurde bereits in der Rohfassung wegen aussichtsloser Freigabe zurückgezogen und erlebte erst im Jahr 1990 seine Uraufführung.
Weitermachen Sanssouci
DE 2019 | 80 Min. | R: Max Linz mit Sarah Ralfs
Sophie RoisDie Erde hat nicht die ideale Gestalt einer Kugel. Sie sieht vielmehr aus wie eine Kartoffel. Klimaforscherin Phoebe Phaidon kommt mit einem Lehrauftrag an das Institut für Kybernetik der Berliner Universität, um das Seminar zur „Einführung in die Simulationsforschung“ von Institutsleiterin Brenda Berger zu übernehmen. Diese muss sich ihrem Drittmittel-Projekt zur virtuellen Simulation des Klimawandels widmen, um das Institut vor der drohenden Einsparung durch die Hochschulleitung zu bewahren. Alles hängt von einer erfolgreichen Evaluation am Ende des Wintersemesters ab. Phoebe wird verpflichtet, an der Simulation mitzuarbeiten und eine Unternehmensberaterin wird als Motivations-Coach ans Institut geholt. Währenddessen zieht der neuberufene Stiftungsprofessor Alfons Abstract-Wege mit einem Projekt zu Ernährungskontrolle die Aufmerksamkeit auf sich, „Nudging“ wird zum Zauberwort. Phoebes Studierende, die dahinter einen Business-Plan vermuten, unterbrechen den Betrieb und besetzen die Bibliothek, während Phoebe mit ihrem Kollegen Julius Kelp zu einer Konferenz nach Gdansk reist und versucht, hinter das Geheimnis der Apokalypse zu kommen. Die Zeit läuft ab. Der jüngste Tag bricht an.
CARTE BLANCHE ANNA ZAMECKA
CARTE BLANCHE FLORIAN DETERDING
CARTE BLANCHE JAN WAGNER
CARTE BLANCHE JAN BONNY
CARTE BLANCHE DETLEF WEINRICH
CARTE BLANCHE MELISSA DE RAAF
CARTE BLANCHE JASMIN PREISS
CARTE BLANCHE CIS BIERINCKX
CARTE BLANCHE CATHERINA CRAMER
CARTE BLANCHE WOLFGANG M. SCHMITT
CARTE BLANCHE STEPHAN MACHAC
CARTE BLANCHE KATRIN MUNDT
CARTE BLANCHE OLAF KARNIK
CARTE BLANCHE FRANZ MÜLLER
Alle Bilder ©filmfriend.de